Der Tag danach

 

Der nächste Tag begann mit einem schrecklichen Erwachen. Der erste Gedanke, nachdem

ich meine Augen öffnete, war „Mein Marco ist tot“. Das war wie ein Stich ins Herz.

Ich stand auf, zog mich an und funktionierte - es gab ja viel zu erledigen und meine

Liebe zu Marco gab mir die Kraft, es für ihn zu tun. Wir haben alle nichts gefrühstückt  

und irgendwann fuhr ich mit meinen Eltern und einer Tasche, in dem das war, was Marco

auf seiner letzten Reise tragen sollte. Sein Hochzeitsanzug, in dem er mir vor sechs

Monaten sein Jawort gab. Wir saßen dem Bestatter gegenüber und in dem Moment wurde

es für mich real und zur Wirklichkeit, dass Marco nie mehr zu mir kommen würde. Statt

auf der Arbeit zu sein, lag er in diesem Haus irgendwo im Keller in einem Kühlraum. Das

war einfach mehr als ich ertragen konnte und ich konnte nicht aufhören zu weinen. 

 

Auf das Gespräch mit dem Bestatter werde ich nicht eingehen, denn das war

menschenunwürdig  und über das kann ich nicht schreiben. Nachdem die Parte und die

Karten mit all meiner Liebe ausgesucht waren, wollte ich wissen, wo Marco ist, denn ich

wollte ihn sehen, um mich von ihm zu verabschieden. Das wurde mir verweigert, weil alle

meinten, ich könne mit dem Anblick nicht umgehen. Heute weiß ich, dass ich darauf 

bestehen hätte sollen, denn ich komme nicht damit klar, dass ich ihn nicht mehr gesehen

habe und somit keine Chance auf eine Verabschiedung hatte. Jeder meint, dass es so

besser für mich war, aber keiner kann sich vorstellen, wie das ist, wenn der Mensch, den

man mehr als sein eigenes Leben liebt, zur Tür raus geht und nie wieder zurückkommt.

Als ich begriff, was mir da entgangen war, als ich begriff, dass ich Marco nicht noch

einmal gespürt habe, seinen Tod nicht be"griffen" hatte, war es zu spät. Menschen, die
mich gerne haben, meinten, es wäre besser, ihn so in Erinnerung zu behalten, wie er
gegangen war. Sie alle konnten nicht ahnen, dass ich damit so schwer klarkommen
würde.
 
Marco ist mir wirklich entrissen worden.