Verabschiedung |
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Marcos Verabschiedung fand am 27. Oktober in Obervellach statt und ich bin immer noch |
ergriffen, wenn ich daran zurückdenke, wie viele Menschen gekommen waren, um von |
meinem geliebten Engel Abschied zu nehmen. Ich saß die ganze Zeit vor dem Sarg und |
dachte, ich würde diesen Schmerz nicht mehr aushalten. Nur noch wenige Minuten würden |
mir mit Marco bleiben, dann wird er für immer von mir gehen. |
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Auf die Verabschiedung möchte ich auch nicht näher eingehen. Alle die dabei waren, |
werden wissen warum. Nach der Verabschiedung in der Trauerhalle begleitete ich Marco |
bis zum Auto des Bestatters, der mit ihm ins Krematorium Villach fuhr. Er hatte einmal |
gesagt, dass er verbrannt werden möchte. Als ich die Entscheidung darüber treffen |
musste, spielte das für mich eine große Rolle. Außerdem war für mich von Anfang an klar, |
Marco mit nach Hause nach Tirol zu nehmen. |
Das tat ich nicht aus Egoismus, sondern einzig und allein weil, ich mir sicher war, |
dass genau dort der Platz ist, wo er sein will. Am nächsten Tag packten wir |
zusammen und ich fuhr mit meinen Kindern und meinen Eltern nach Tirol. Es war ein |
schrecklicher Abschied für mich, wusste ich doch, dass es nie wieder so sein wird wie |
früher, wenn ich in unser Haus kommen würde. |
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Die nächste Zeit lebte ich wie in Trance. Ich konnte nicht essen, nicht trinken, nicht in |
die Zukunft schauen. Für mich hatte mein Leben seinen Sinn verloren. Ich wartete nur auf |
den Tag an dem Marco endlich heimkommen würde. |
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Am 11. November war es soweit. Marco war da und ich konnte endlich nach langer Zeit zu |
ihm gehen und mich ihm ein bisschen näher fühlen. |
Am 12. November um 15 Uhr fand dann in Karres die Beisetzung statt. Pater Cyrill |
verabschiedete Marco so, wie er es verdient hatte und für mich verlor die lächerliche |
Vorstellung des Pfarrers aus Kärnten jede Bedeutung. |
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Hier ein Auszug aus der Grabrede von Pater Cyrill: |
„ ‚Hab ich denn keine Hilfe mehr und gibt es keinen Rat mehr für mich?’ |
Diese Worte stammen aus dem Alten Testament, von Ijob, der eine bittere Klage gegen |
Gott erhebt: Warum das mir? Wie kann ich weiterleben? |
Solche Fragen quälen auch dich Sandra schon Wochen. Bisweilen hat man das Gefühl, es |
sei nur ein böser Traum und beim Erwachen wird alles wieder sein wie früher. Aber nichts |
ist mehr wie früher... |
Viele sind dir in letzter Zeit zur Seite gestanden, haben geholfen und versucht, dich zu |
trösten. Und doch merken wir, gerade auch ich, wie schwer es ist, Worte zu finden und |
dass es nur ein Stammeln bleiben kann. |
Marco wirkte für dich Sandra, wie solch ein Spurenmacher, weil er dir Mut machte, dich zu |
trösten verstand und dich liebte. Wir beten immer um den Frieden für die Verstorbenen. |
Was mit diesem Ausdruck aber wirklich gemeint ist: Die ewige Freude im Einklang mit |
Gott, d.h. ein im tiefsten befriedigtes Herz. Von diesem alles überragenden Schatz durfte |
Marco schon bisher vielen, gerade dir Sandra, euren Kindern und auch euch Verwandten |
und Freunden eine leise Ahnung vermitteln, durch seine ihm ganz persönliche Art des |
Umgangs mit euch und gerade für euch, durch seine Hilfsbereitschaft. |
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Wollen wir ihm nun solche Freude von ganzem Herzen gönnen und hoffen, dass ihm die Möglichkeiten geschenkt werden, euch weiterhin Helfer zu sein durch Spuren seine Nähe.“ |
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Es war eine sehr ergreifende Rede und mein Bruder Manuel las auch noch einen sehr bewegenden Text: |
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„Es gibt nichts, was uns die Abwesenheit eines lieben Menschen ersetzen kann... |
...und man soll das auch gar nicht versuchen; man muss es einfach aushalten und |
durchhalten. Das klingt sehr hart, aber es ist doch zugleich ein großer Trost; denn indem |
die Lücke wirklich unausgefüllt bleibt, bleibt man durch sie miteinander verbunden. |
Es ist verkehrt, wenn man sagt, Gott füllt die Lücke aus; er füllt sie gar nicht aus, |
sondern er hält sie vielmehr unausgefüllt und hilft uns dadurch, unsere echte |
Gemeinschaft miteinander - wenn auch unter Schmerzen - zu bewahren. |
Ferner: Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer die Trennung. Aber die |
Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude. Durch die |
Dankbarkeit trägt man das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel, sondern wie ein |
kostbares Geschenk in sich. Man muss sich hüten, in den Erinnerrungen zu wühlen, sich |
ihnen auszuliefern, wie man auch ein kostbares Geschenk nicht immerfort betrachtet, |
sondern nur zu besonderen Stunden, und es sonst wie einen Schatz, dessen man sich |
gewiss ist, besitzt; denn dann geht eine dauernde Freude und Kraft von dem |
Vergangenen aus." |
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Danach zündete noch jeder der Anwesenden eine Kerze für Marco an und wir |
verabschiedeten uns alle endgültig von ihm zum Lied „Nothing else matters“ von |
Metallica, das Marco viel bedeutet hat. |
Mir war er sehr wichtig Marcos Urne persönlich ins Grab zu geben, denn das war das |
allerletzte was ich für meinen Mann tun konnte. |
Spät am Abend ging ich noch mal aufs Grab, das wie ein Lichtermeer aussah. |